«Die Lernkurve ist steiler als die härteste Bergetappe.»

Rund um die Tour de Suisse wird viel gelesen und geschrieben – neben Deutsch auch auf Französisch und Englisch.

Damit das reibungslos klappt, vertraut die Landesrundfahrt auf Supertext unter der Projektleitung von Rahel Seeholzer. Ein Gespräch über Radsport-Jargon, die Herausforderungen der Königsetappe und den «Bahnhof Olten»-Dialekt

Frau Seeholzer, der Tour-de-Suisse-Rekordsieger Peter Sagan spricht Slowakisch. Supertext auch?

Klar – von Arabisch bis Zulu können Sie über supertext.ch fast alles bestellen. Sogar Slowakisch. Halten Sie das nächste Siegerinterview also ruhig in seiner Muttersprache ab – oder überlassen Sie es einfach unseren Dolmetschern.

Seit 2017 übersetzt Supertext für die Tour de Suisse. Hand aufs Herz: Lesen Sie eigentlich alle Texte selbst?

(Lacht) Lesen ist zwar eine meiner grossen Leidenschaften. Aber diesen Umfang kann niemand alleine bewältigen: 70 Aufträge mit über 35’000 Wörtern sind für die Tour de Suisse allein dieses Jahr schon über unsere Tische gewandert, nicht selten mit sehr knapper Deadline. Genau dafür arbeiten wir mit einem so schlagkräftigen Team. Supertext ist ein weltweites Netzwerk von rund 50 festen und über 1000 freischaffenden Mitarbeitern – Texter, Übersetzer und Korrektoren für mehr als 30 Sprachen und jedes Fachgebiet.
Mein Job ist es, alle Fäden in der Hand und die Deadlines im Griff zu behalten. Aber klar: Jede Übersetzung wird vor der Auslieferung an den Kunden von einem Muttersprachler Korrektur gelesen.

Wie funktioniert ein Netzwerk mit über 30 Sprachen rund um den Globus? Verstehen Sie sich überhaupt alle?

Ja, die Gespräche am Mittagstisch sind für Aussenstehende wohl ziemlich verwirrend. Da schwirren schnell mal fünf Sprachen gleichzeitig durch den Raum. Mit Deutsch und Englisch kommen wir aber alle gut zurecht, sodass es eigentlich nie zu Verständnisproblemen kommt.

Und können Sie mittlerweile bei einem «Gümmeler-Feierabend-Biergespräch» mitreden?

Man schnappt natürlich das eine oder andere auf. Persönlich ziehe ich mein klappriges Damenrad dem Carbon-Drahtesel aber immer noch vor. Ganz anders unsere Tour-de-Suisse-Übersetzer. Fünf bis sieben Personen sind das pro Sprache – viele davon selbst «Gümmeler».

Wieso ist das so wichtig? Oder anders gefragt: Was ist an den Tour-de-Suisse-Übersetzungen speziell?

Wie jedes Fachgebiet hat auch der Radsport seinen typischen Jargon, den man zuerst verinnerlichen muss. Je mehr Sprachen involviert sind, desto komplizierter wird es. Schnell reicht es nicht mehr, nur zu wissen, was Quervelos, TT-Technik und Schluss-Hubs sind. Ein Beispiel: Die Königsetappe wird auf Französisch zur «étape reine» und auf Englisch zur «queen stage» – und damit der König zur Königin. Hier war Auswendiglernen angesagt; mit einer Lernkurve steiler als die härteste Bergetappe.

Wie halten Sie diese Lernkurve? Führt Supertext eine Art Radsport-Lexikon?

Sozusagen, und zwar eines mit modernster Technik: Im Translation Memory speichern wir alle bisherigen Übersetzungen für die Tour de Suisse ab. Kommen gleiche Wörter oder gar Sätze in ähnlichem Kontext erneut vor, wird automatisch dieselbe Übersetzung vorgeschlagen. Eine Win-win-Situation: Die Texte werden konsistenter und unsere Lieferfristen kürzer.

Gibt es auch Dinge, die man bei euch nicht übersetzen lassen kann? Wie steht es um Mundart?

Von der Sprachexpertise her gab es bisher noch nichts, was wir ablehnen mussten. Mundartaufträge kommen auch hin und wieder vor, wobei Mundart ja nicht gleich Mundart ist. Am beliebtesten ist übrigens der sogenannte «Bahnhof Olten»-Dialekt – die Schnittmenge aller Deutschschweizer Dialekte.

Zum Schluss: Was ist eigentlich Ihr Lieblingswort?

Als Luzernerin ganz klar das «Vierwaldstätterseedampfschifffahrtsgesellschaftscocktailbargläs